Privat versichert, gut versichert?
Die Bundesregierung hat den Wechsel in die private Krankenversicherung erleichtert. Wer jährlich knapp 50 000 € oder mehr verdient kann jetzt bereits nach einem statt nach drei Jahren die gesetzlichen Krankenversicherung verlassen. Doch für wen lohnt sich der Wechsel und worauf müssen sich Privatversicherte einstellen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer kann in die private Krankenversicherung wechseln?
Privat können sich Beamte und Selbstständige unabhängig von ihrer Einkommenshöhe sowie Angestellte, deren Gehalt mindestens über der Versicherungspflichtgrenze von 49 500 € im Jahr liegt, versichern. Das gilt auch für Berufsanfänger, wenn sie entsprechend viel verdienen. Sobald das Gehalt diese Jahresarbeitsentgelt-Grenze beispielsweise nach einer Einkommenserhöhung übersteigt, darf gewechselt werden – der Arbeitnehmer muss also de facto in dem Jahr nicht die komplette Summe verdient haben.
Als Gehalt gelten nur regelmäßige Zahlungen wie etwa ein Grundgehalt, Weihnachts- und Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen und regelmäßig gezahlte Zulagen. Bonus- oder einmalige Sonderzahlungen werden nicht angerechnet.
Wie lange sind freiwillig gesetzlich Versicherte künftig an einen Wahltarif gebunden?
Für freiwillig gesetzlich Versicherte, die einen Wahltarif bei ihrer Krankenkasse abgeschlossen haben, wurde die Mindestbindungsfrist durch das neue Gesetz von drei auf ein Jahr verkürzt. Damit ist auch für diese Gruppe der Wechsel schneller möglich. Die kürzere Frist gilt für Wahltarife mit Beitragsrückerstattung, Kostenerstattung oder die Übernahme der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen.
Für wen lohnt sich der Abschluss einer privaten Krankenvollversicherung überhaupt?
Da die private Krankenversicherung (PKV) eine individuelle Versicherung ist, muss jeder Versicherte eigene Beiträge zahlen – eine beitragsfreie Mitversicherung für Kinder und nicht-arbeitende Ehepartner wie in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gibt es nicht. Der Beitrag bestimmt sich nach Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand zu Beginn der Versicherung und dem Umfang des gewählten Versicherungsschutzes.
Da PKV-Beiträge auch während Mutterschutz- und Elternzeit gezahlt werden müssen, sollte die Lebens- und Familienplanung bei der Entscheidung für oder gegen den Eintritt in die PKV eine Rolle spielen.
Die Privaten müssen nicht jeden versichern – es herrscht kein Annahmezwang. Damit ist die Risikoselektion für sie günstiger, was sich auch in tendenziell niedrigeren Prämien widerspiegelt. Doch Achtung: Nicht jeder günstige Einstiegstarif bleibt auch über die Jahre preiswert. Die Privaten können zwar die vereinbarten Leistungen nicht mehr streichen, wohl aber unter bestimmten Voraussetzungen die Prämien erhöhen (siehe Artikel auf Seite 20).
Ob die Leistungen der Privaten besser sind oder nicht, bestimmt sich letztlich nach dem Tarif, den der Kunde wählt. Hier gibt es eine große Vielfalt an Angeboten: von einfachen, unterhalb der GKV liegenden Leistungen bis hin zu sehr hochwertigen Angeboten mit besonders guten Zugängen zu medizinischen Innovationen, Chefarztbehandlungen etc.
Ist vor dem Wechsel in die PKV eine Gesundheitsprüfung obligatorisch?
Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die den Versicherern eine Gesundheitsprüfung vorschreibt. Eine solche Prüfung ist aber gängige Praxis, weil auch auf ihrer Grundlage die Prämienhöhe berechnet wird. Neukunden mit Vorerkrankungen werden vielfach nur mit Aufschlägen versichert – es sei denn, sie verzichten auf die Kostenerstattung in speziellen, definierten Fällen.
Da die Wahrscheinlichkeit von Vorerkrankungen mit dem Alter wächst, ist der frühzeitige Einstieg in die PKV meist günstiger. Bleibt man dann beim selben Anbieter, verteuern spätere Erkrankungen die Prämie nicht mehr.
Ihren aktuellen Gesundheitszustand können sich gesetzlich Versicherte, die später erst in die PKV wechseln wollen oder können, mit einem Optionstarif sichern. Dieser kostet einige wenige Euro im Monat.
Wechseln PKV-Versicherte den Anbieter oder beim gleichen Anbieter in einen höherwertigen Tarif, müssen sie sich erneut einer Gesundheitsprüfung unterziehen.
Wie findet man den günstigsten Anbieter?
Über 40 verschiedene Gesellschaften bieten die Krankheitskostenvollversicherung an. Preise und Leistungen variieren erheblich und nicht jedes Angebot ist auch für jeden gedacht und geeignet. Interessenten sollten sich möglichst breit über Vergleichsportale und Rankings in Zeitschriften informieren. Auch die Stiftung Finanztest nimmt die Privaten hin und wieder unter die Lupe.
Wer sich von Vermittlern beraten lässt, sollte zunächst prüfen, in welchem Dienst dieser unterwegs ist. Ein- oder Mehrfirmenvertreter verkaufen eben auch nur bestimmte Gesellschaften, Makler bieten einen größeren Überblick.
Da eine Krankenversicherung im Normalfall ein lebenslanges Investment ist, kann sich auch eine unabhängige Beratung durch einen Versicherungsberater lohnen.
Müssen Privatversicherte im Alter mit steigenden Prämien rechnen?
Theoretisch nicht. Die Krankenversicherer kalkulieren die Prämien beim Abschluss auf die gesamte Lebenszeit. Seit dem Jahr 2000 zahlen alle Privatversicherten bis zum 60. Lebensjahr mit ihrer monatlichen Prämie auch einen gesetzlichen Zuschlag von 10 %. Dieses Geld wird komplett angelegt und nach Vollendung des 65. Lebensjahres zur vollen bzw. teilweisen Finanzierung von Beitragsanpassungen verwendet.
Das heißt aber nicht, dass die Beiträge bis zum Alter nicht angehoben werden. Höhere Kosten für medizinischen Leistungen oder eine längere Lebenserwartung rechtfertigen beispielsweise diese Verteuerungen, denen ein Treuhänder zustimmen muss.
Ist es möglich, innerhalb der PKV den Versicherer zu wechseln?
Grundsätzlich ja, aber das sollte wohlüberlegt sein. Versicherte, die einen Vertrag nach dem 1. Januar 2009 geschlossen haben, können nach dem Wettbewerbsstärkungsgesetz für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV-WSG) einen Teil der Alterungsrückstellungen, die sie bei ihrem bisherigen Anbieter angespart haben, mitnehmen.
Versicherte mit älteren Verträgen verlieren diese Rückstellungen beim Wechsel. Sie müssen diese Rückstellungen für die höheren Gesundheitskosten im Alter neu ansparen, weshalb der Wechsel meist nicht sinnvoll ist. Zudem verlangt der neue Anbieter eine neue Gesundheitsprüfung.
Können Privatversicherte später in die GKV zurückkehren?
Nach der Losung des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm gilt eigentlich: „Einmal privat – immer privat“. Doch es gibt auch Ausnahmen für Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Einkommen unter die Jahresarbeitsentgelt-Grenze sinkt oder die arbeitslos werden, und für Selbstständige, die in ein Arbeitsverhältnis mit regelmäßigem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgelt-Grenze wechseln.
Diese Rückkehroptionen verfallen jedoch, wenn der privat Krankenversicherte erst nach dem vollendetem 55. Lebensjahr versicherungspflichtig wird, oder er in den letzten fünf Jahren zuvor keiner gesetzlichen Krankenkasse angehört hat, und er in diesen fünf Jahren zumindest zweieinhalb Jahre lang aufgrund seines Status keiner gesetzlichen Krankenkasse angehören musste. Diese Regeln beziehen sich dann auch auf die Familienmitglieder.
Müssen Privatversicherte in die GKV zurück, wenn das Einkommen durch eine Teilzeitbeschäftigung sinkt?
Wer bereits fünf Jahre die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet und damit versicherungsfrei ist, kann sich von der GKV-Versicherungspflicht befreien lassen. Die Arbeitszeit muss aber zumindest die Hälfte vergleichbarer Vollbeschäftigte betragen. Auch Privatversicherte in der Elternzeit können sich von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen, wenn sie eine Teilzeitbeschäftigung beginnen. Das müssen sie bei der Krankenkasse, an die die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, innerhalb der ersten drei Monate beantragen.
Was passiert, wenn Privatversicherte arbeitslos werden?
Wer Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld bezieht, unterliegt grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Es gibt jedoch – wie bereits erwähnt – eine Altersgrenze: Wer 55 oder älter ist und in den vergangenen fünf Jahren privat versichert war, kann nicht mehr in die GKV zurückkehren.
Wer unter 55 ist und trotz Arbeitslosigkeit in der PKV bleiben möchte, kann sich von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen – vorausgesetzt er war in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit privat versichert. Die Befreiung muss innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der Krankenkasse beantragt werden. Die Bundesanstalt für Arbeit übernimmt dann auf Antrag die Beiträge zur PKV zu 100 % bzw. maximal bis zur Höhe der entsprechenden GKV-Beiträge. Übersteigt die PKV-Prämie diesen Satz, muss der Rest selbst dazu gezahlt werden. Besteht für den Arbeitslosen die Möglichkeit, sich beitragsfrei über die Familienversicherung zu versichern, zahlt die Bundesagentur für Arbeit nicht.
MONIKA LIER
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