Crocus Labs: QLED als Boost für Indoor-Gewächshäuser
Das Berliner Start-up Crocus Labs will mit dynamischen Quantenpunkt-LEDs Indoor-Gewächshäuser effizienter machen.
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Was tun, wenn bei einer explodierenden Weltbevölkerung die Anbauflächen für Lebensmittel knapp werden? Einfach in die Höhe gehen und Salate und Co. in Hochhäusern auf Tausenden Regalböden anbauen – Stichwort Vertical Farming. „Fast alle Lebensmittel könnten doppelt so effizient und pestizidfrei in Innenräumen angebaut werden“, sagt Prash Makaram, Gründer des Berliner Start-ups Crocus Labs. Doch das volle Potenzial könne Indoor-Farming bislang nicht entfalten. Denn die meisten Beleuchtungssysteme seien ineffizient und teuer. Farmer beschränkten sich daher oft auf minderwertiges Blattgemüse und hätten Schwierigkeiten, profitabel zu werden. „Wir haben deshalb neuartige Leuchten, Sensoren und Steuerungen entwickelt, die das Pflanzenwachstum in Indoor-Gewächshäusern optimieren und zudem kostengünstig sind“, so der promovierte Maschinenbauer und Nanotechnologiespezialist.
So funktionieren QLEDS
Die Leuchten von Crocus Labs arbeiten mit sogenannten Quantenpunkt-Leuchtdioden (QLEDs). Sie funktionieren wie folgt: Blaue LEDs sind mit einer Folienschicht überzogen, in die winzige Nanokristalle eingebracht sind. Diese sogenannten Quantenpunkte sind 2 nm bis 10 nm klein und liegen somit im Größenbereich von Molekülen und atomaren Strukturen. Die Punkte absorbieren das blaue Licht der LED und geben Licht in unterschiedlichen Farben ab. Kleine Quantenpunkte erzeugen kurzwelliges Licht, etwa Grün. Größere Quantenpunkte langwelliges Licht, beispielsweise Rot. Mit den verschiedenen QLEDs lassen sich nun Farben mischen – etwa zu weißem Licht, das dem Sonnenspektrum nahekommt, damit Pflanzen noch besser wachsen. Klassische RGB-LEDs stoßen hier an ihre technischen Grenzen, weil das oft verwendete Halbleitermaterial Indiumgalliumnitrid nur eine vergleichsweise geringe Lichtausbeute im grünen Spektrum ermöglicht. Dieses Defizit kann dann beispielsweise zu einer suboptimalen Blattentwicklung führen. Ein weiterer Vorteil der Quantenpunkt-Leuchtdioden: Sie kommen ohne Phosphor aus, das herkömmliche LEDs verwenden, um das Licht in verschiedene Farben umzuwandeln. Die Gewinnung der Chemikalie ist energieintensiv und führt in der Regel zu Umweltbelastungen. Zudem ist das Recycling kompliziert.
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Die QLEDs sind aber nur ein Teil der Lösung. Um den Ernteertrag von Gewächshäusern zu erhöhen, hat Crocus Labs für die Leuchten eine Sensorbox entwickelt. Optische Sensoren messen die spektrale Zusammensetzung und die Intensität des Lichts in der Umgebung. Eine Software passt mit diesen Daten dann kontinuierlich das Lichtspektrum der Leuchten an – etwa dann, wenn eine Wolke den Himmel verdunkelt und die Menge an natürlichem Rotlicht reduziert ist. Die Leuchten können sich dank einer intelligenten Steuerung zudem an den Wachstumsphasen der Pflanzen orientieren. Erdbeeren beispielsweise sind im Indoor-Bereich vergleichsweise kompliziert anzubauen. Sie benötigen in der Anfangsphase kühle Lichtverhältnisse mit höheren Blauanteilen, um das vegetative Wachstum zu fördern. In der Blütephase hingegen ist für die Fruchtentwicklung ein höherer Anteil an rotem Licht erforderlich. „Im Indoor-Farming-Bereich sind uns bislang kaum Hersteller bekannt, die die dynamische Anpassung des Lichtspektrums von QLEDs anbieten. Die meisten Leuchten verfügen lediglich über eine Dämmfunktion. Dank unserer Lösung können Indoor-Farmen auch pflegeintensive Pflanzenkulturen anbauen und dadurch ihre Profitabilität steigern“, sagt Makaram. „Zudem sind sie im Betrieb energieeffizient. Anwender können im Vergleich zu klassischen LEDs bis zu 30 % Energiekosten einsparen.“
Zum Investorenkreis zählen EIC und HTGF
Gegründet wurde Crocus Labs 2020. Makaram ist ein Serienunternehmer, der zuvor Mitbegründer von zwei medizinischen Nanosensoren-Unternehmen war. „Es war mit hohen Kosten und viel Aufwand verbunden, die deutsche Bürokratie zu bewältigen“, so der Entrepreneur. „Der allgemeine Mangel an Finanzierungsmöglichkeiten in Europa stellte dabei ein erhebliches Hindernis dar.“ Glücklicherweise erhielt das junge Unternehmen eine Finanzierung durch den EIC (European Innovation Council) der Europäischen Union und Unterstützung von Investoren wie dem Hightech-Gründerfonds (HTGF), Brandenburg Kapital und BACB.
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Das Start-up ist außerdem eine Kooperation mit dem Forschungszentrum Advanced Plant Growth Centre (APGC) in Schottland eingegangen, um die Technologie weiter zu verbessern. „Für die Landwirtschaft in kontrollierten Umgebungen ist die Lichtsteuerung, die Intensitäts- und Wellenlängenrezepte in verschiedenen Entwicklungsstadien umfasst, von entscheidender Bedeutung, wenn die Vorteile wie kürzere Zyklen bis zur Ernte, höhere Produktivität sowie verbesserte Qualität und Nährwert realisiert werden sollen“, sagt Derek Stewart, Direktor vom APGC. „Die innovativen LED-Beleuchtungslösungen von Crocus Lab bieten all diese Möglichkeiten“, unterstreicht der Professor.
Derzeit realisiert das Start-up erste Pilotprojekte und produziert die Leuchten dafür bedarfsgerecht. „Wir bieten eine Reihe von Spektren an, die von sonnenähnlicher Farbwiedergabe bis hin zu präzisen und scharf definierten Wellenlängen für medizinische Anwendungen reichen“, so Makaram. Die Technologie könne zukünftig auch in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen – etwa zur Beleuchtung des Innenraums.
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