Robinhood, Meme-Stocks, ETF und der rationale Markt
Parallelen zu ETF-Investments auf bekannte Indizes durch Investoren sind frappierend. Vorsicht ist angebracht. Finanzexperte Michael Thaler klärt auf.
Wer länger an der Börse aktiv ist, wundert sich schon immer über das Postulat der wissenschaftlichen Forschung, dass der Aktienmarkt effizient sei. Die in Internetforen abgestimmten Kaufabsichten der jungen Generation so genannter Robinhood-Investoren, löst bei vielen abgeklärten Investoren Stirnrunzeln aus, denn bekanntlich werden den letzten die Hunde beißen. Die Parallelen zu ETF-Investments auf bekannte Indizes durch Investoren, die keine Bewertung der zu Grunde liegenden Einzelaktien vornehmen, sind jedoch frappierend. Vorsicht ist angebracht.
Die Effizienzmarkthypothese besagt, dass entweder gar kein Renditevorsprung gegenüber dem Marktdurchschnitt zu erzielen ist oder der zu leistende Aufwand genau dem möglichen Überertrag entspricht. Eine wichtige Ableitung dieser Theorie ist es, sein Geldkapital möglichst breit in den Aktienmarkt zu streuen, sprich kostengünstig in ETF, Exchange Traded Funds.
Die wissenschaftliche Grundlage ist hierbei vielfältig angreifbar und mit der Praxis wohl kaum in Einklang zu bringen, aber die Anlage in ETF auf bekannte Indizes hat die letzten Jahre erwiesenen Maßen sehr gut funktioniert. Kein Wunder also, dass diese Form der Anlage immer beliebter wird und sich großer Zuströme erfreut.
Große Aktien nehmen weniger Raum ein
Dabei zeigt sich jedoch, dass in den wichtigen Indizes, wie MSCI World, S&P 500, Nasdaq etc. immer weniger große Aktien einen immer größeren Raum einnehmen. Da die Anlage rein regelbasiert von statten geht, gibt es innerhalb der Indizes einen Virtual Circle, also einen selbstverstärkenden Effekt der Gewinneraktien und gleichzeitig einen Vicious Circle, einen Teufelskreis nach unten der unbeliebten Aktien innerhalb eines Indizes.
In der Folge gehen manche Bewertungen durch die Decke, Tesla oder Netflix könnten möglicherwiese solche Beispiele sein, andere Aktien, zum Beispiel im Ölsektor oder im Rohstoffbereich kommen dagegen gar nicht mehr auf die Füße. Die aktiven Anleger, die bisher als Regulativ fungiert haben und die Fundamentaldaten der einzelnen Unternehmen in die Marktpreise mit eingebracht haben, haben angesichts der ETF-Marktmacht zunehmend resigniert. Bei Apple gibt es aktuell von Analysten 20 Kaufempfehlungen, 16 Empfehlungen die Aktie zu halten und lediglich 1 Verkaufsempfehlung.
Wie viele Aktien sollte ich in meinem Portfolio halten?
Robinhood zeigt, welche Aktien besonders populär gehandelt werden
Angesichts der regelmäßigen ETF-Zuflüsse wird es sogar für aktive Investoren rational, auf diesen Zug aufzuspringen. Kommt Ihnen bekannt vor? Nicht anders funktioniert das Meme-Stock-Modell, welches von einer jungen Anlegergeneration, die neue kostengünstige Broker, wie Robinhood nutzen, angewandt wird. In Internetforen findet eine Koordination von Kaufabsichten für einzelne Aktien statt. Bei Handelssystemen wie Robinhood wird dann angezeigt, welche Aktien zurzeit besonders populär gehandelt werden. Dies führt dann dazu, dass weitere Anleger aufspringen und die Kurse steigen.
Steigende Kurse erlauben es dann sogar den betroffenen Unternehmen, wie zuletzt Gamestop oder AMC, neues Kapital aufzunehmen, so dass diese Unternehmen vielleicht sogar die Basis für ein neues Geschäftsmodell legen können, denn leider wurden vielfach Unternehmen ausgewählt, deren Geschäftsmodelle nach wenig Zukunftsperspektive klingen. Auch hier eine Parallele zu den ETF-Investitionen, die es Unternehmen, wie Tesla nach der Aufnahme in den S&P 500 ermöglicht hat, gigantische Kapitalerhöhungen zu platzieren.
Anlagethemen für die Zukunft: Vier Megatrends und ein Todesfall
Dennoch: Viele Anleger werden Lehrgeld bezahlen. Die Preise einiger Aktienunternehmen, die durch die „blinden“ Käufe der Meme-Stock-Investoren, genauso wie durch populäre ETF-Käufe profitiert haben, liegen teils erheblich über den objektiven realistischen Werten. Beide Modelle funktionieren nur so lange, wie Anleger bereit sind weiterhin in diese Segmente zu investieren.
Dagegen gibt es aber auch substantielle Marktsegmente, die schon lange Zeit links liegen gelassen wurden und bei denen die Preise im Verhältnis zu den Werten durchaus attraktiv erscheinen. Diese Segmente können auch durchaus mit ETF investiert werden, einer Anlageform, die durchaus Ihre Berechtigung hat, aber eben leider nur so lange, wie sie nicht marktbeherrschend wird.
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