Rücklagen, Zinsen, Investitionen: Die Dreifaltigkeit des vorsichtigen Investierens
Waghalsige Zocker sind an der Börse selten reich geworden. Wer bei der Kapitalanlage umsichtig agiert und ein paar einfache Regeln verfolgt, kann langfristig Vermögen aufbauen und gleichzeitig für den eigenen guten Schlaf sorgen.
Als Kinder sind wir im Winter gerne über einen zugefrorenen Teich in der Nachbarschaft gelaufen. Es kam, wie es kommen musste. Das Eis brach ein und mehrere meiner Freunde versanken im eiskalten Wasser. Sie hatten Glück und hinterher nur einen Schnupfen. Es hätte auch anders kommen können.
Entwertung der Ersparnisse macht Anleger unvorsichtig
Wenn ich mir heute die Anlageentscheidungen von besonders sicherheitsorientierten Privatanlegern ansehe, erinnert mich das an damals. Häufig lassen ausgerechnet die Menschen, die sich selbst für besonders vorsichtig halten, ihr Kapital jahrelang zinslos auf einem Konto liegen. Sie nehmen aus Angst vor möglichen Risiken des Kapitalmarkts eine systematische Kaufkraftentwertung ihrer Ersparnisse in Kauf.
Plötzlich erkennen sie, dass sich etwas ändern muss, werden von einem Tag auf den anderen unvorsichtig und stecken ihr gesamtes Kapital in eine einzige Anlage. Vielleicht ist das ein „heißer Tipp“ oder eine „einmalige Chance“, die im Internet von angeblichen Börsengurus angepriesen wird. Wer keine Erfahrung mit dem Thema Kapitalanlage hat, übersieht leicht die enormen Risiken, die in solchen Anlagen stecken. Gar nicht selten endet das im Totalverlust. Es passiert viel häufiger, als man vermutet. Das entnehme ich den Gesprächen, die ich mit betroffenen Anlegern geführt habe. Dabei ist das Thema Geldanlage kein Hexenwerk.
Die Dreifaltigkeit des vorsichtigen Investierens
Hilfreich ist eine Strategie, die ich „Dreifaltigkeit des vorsichtigen Investierens“ nenne: Rücklagen bilden, regelmäßige Erträge vereinnahmen, in Wachstum investieren. Und so gelingt es:
Rücklagen bilden
Das Leben ist voller Überraschungen, manchmal auch teuren. Deshalb benötigen Sie Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben. Das kann bei Berufstätigen eine Unterbrechung im Job sein, wie das viele Staatsbedienstete in den USA gerade erfahren mussten. Oder der Kühlschrank und die Waschmaschine gehen gleichzeitig kaputt. Wie hoch die Rücklagen für solche Fälle sein sollten, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich empfehle mindestens zwei Monatslöhne. Dieses Kapital kann man ganz entspannt auf dem Konto liegen lassen und es nicht investieren.
Regelmäßige Erträge vereinnahmen
Jeder sollte sich die Frage stellen, wie viel Einkommen er benötigt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder zu ergänzen. Eine Investition, die das eigene Einkommen unterstützt, sollte regelmässig planbare Erträge aus Zinsen oder Dividendenzahlungen bringen.
Es ist ein Mythos, dass es im Euroraum derzeit für Zinstitel keine Erträge gibt. Selbst bei Anleihen von DAX-Werten wie Fresenius, Lufthansa oder Volkswagen sind Zinserträge zwischen 3 % und 3,5 % möglich. Bei kleineren mittelständischen Unternehmen sogar noch mehr. Ein kleiner Teil könnte auch in Dollaranleihen angelegt werden. US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit bringen bereits 3 % Zinsen, bei länger laufenden Anleihen von Großunternehmen sind sogar 4 % bis 5 % möglich.
In Wachstum investieren
Wer genug Ersparnisse hat, um zu investieren, kann als defensiver Anleger sein Depot um konservative Dividendentitel ergänzen. Selbst solide Konzerne aus dem DAX zahlen Dividendenrenditen von 4 % bis 5 %. Bei der Entscheidungsfindung sollte man allerdings nicht nur auf die Titel mit der höchsten Dividendenrendite achten, sondern Titel auswählen, von denen zu erwarten ist, dass sie in den nächsten Jahren noch weiter wachsen können.
Wichtig: Insbesondere in den beiden letztgenannten Kategorien sollten Anleger auf eine ausreichende Diversifikation achten. Ich empfehle, die Anlagen auf jeweils mindestens zehn verschiedene Positionen zu verteilen. Mit diesem vergleichsweise einfachen Konzept, das die Risiken möglichst großflächig verteilt, verhindert man, dass man komplett unter Wasser gerät, wenn das Eis einmal an einer Stelle bricht. Und man kommt mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit trocken und ohne Schnupfen wieder nach Hause.
Ein Beitrag von: