SmartExergy: Sensorüberwachung für Solar-Module
Die SmartExergy GmbH ist ein Spin-off des Instituts für Mikrosystemtechnik der Uni Freiburg. Das Gründerteam um Tolgay Ungan und Patrick Steindl will mehr Transparenz und Effizienz für große Photovoltaikanlagen erreichen. Energiesparende, kostengünstige Sensorsysteme sollen Solar-Module überwachen und Betriebsparameter per Funk übermitteln. Ein strategischer Investor wäre willkommen.
Photovoltaik-(PV)-Kraftwerke werden immer größer. Freiflächenanlagen mit fast 300 MW Nennleistung sind in Bau Planungen für Gigawatt-Projekte laufen. In den hunderte Hektar großen Solarfeldern sind Funktion und Wirkungsgrade einzelner Module für Betreiber kaum nachvollziehbar. So bleiben Effizienzpotenziale ungenutzt.
Das will die Freiburger SmartExergy GmbH ändern. Um Transparenz in große PV-Kraftwerke zu bringen, operiert sie ausgerechnet mit Mikrosystemtechnik. „Bei unserer Funksensorik steht das Mikro weniger für die Größe als für den Stromverbrauch um 20 µ-Watt“, erklärt Gründer Tolgay Ungan. Um das zu erreichen, kombiniert sein Start-up Mikrosensorchips und Funkmodule mit einer patentierten Systemarchitektur.
SmartExergy: Gründung war zu Beginn nicht absehbar
Als der promovierte Elektrotechnik-Ingenieur Ungan begann, die Technik zu erforschen, war eine Gründung noch nicht absehbar. Damals noch an der TU Berlin suchte er Wege, um dezentrale Mikrosensor-Netzwerke durch aufgefangenen Elektrosmog zu versorgen. „Dafür reichen im Prinzip breitbandige Empfangsantennen, Gleichrichter, Zwischenspeicher im µ-Maßstab und eine intelligente Betriebsstrategie“, erklärt er.
Seine Forschungen führten ihn bald in das Projekt „Micro Energy Harvesting“ der Uni Freiburg, in dem 21 Doktoranden mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft versuchten, bisher ungenutzte Energiequellen im Zwergenmaßstab anzuzapfen: durch thermoelektrische Minigeneratoren, „Verheizen“ von Blutzucker in Miniaturbioreaktoren, Mikrobrennstoffzellen oder Elektrosmog-Recycling.
Je weiter Ungan mit seiner Forschung kam, desto drängender wurde die Frage nach konkreten Einsatzoptionen. „Erst bei der Auslegung dezentraler Sensorsysteme mit konkreten Mess- und Datenübermittlungsintervallen ist der reale Energiebedarf zu ermitteln“, sagt er. Ohne diesen Schritt bleibe die Forschung abstrakt.
Systematisch ging er potenzielle Anwendungen durch. „Gasdetektion schied wegen des hohen Energiebedarfs beim Aufheizen der Sensoren aus. Für sicherheitsrelevante Anwendungen war es ungünstig, dass die Systeme im Ernstfall immer erst dann funken, wenn sie wieder genug Energie gesammelt haben“, so Ungan.
Schließlich landete der Forscher bei der Überwachung von PV-Anlagen. Mit befreundeten Solarexperten diskutierte er sinnvolle Parameter und Systemauslegungen. „Der zunehmend globale Markt braucht kostengünstige, robuste und von spärlich qualifizierten Monteuren beherrschbare Technik“, fasst er die Ergebnisse zusammen.
Zur Optimierung des Betriebs und der Planung von Service und Wartung seien Systeme gefragt, die Störfälle auf Modul- und Stringebene ebenso wie Verschattung, Überhitzung, Glasbruch oder Wirkungsgrad-verluste frühzeitig melden und im Ernstfall eine Schnellabschaltung ermöglichen. „All das erschien auf Basis meiner Forschung realisierbar“, sagt er. Es war der Moment, in dem sich bei ihm der Gedanke an eine Gründung konkretisierte.
SmartExergy: Gelungener Start durch systematische Gründungsphase
Die Gründungsphase ging er systematisch an. In Foren suchte und fand er den Österreicher Patrick Steindl, ein gründungserfahrener Betriebswirt, mit dem er sich auf Anhieb verstand. Gemeinsam erstellten sie einen Businessplan und beantragten ein Exist-Gründerstipendium. „Wir brauchten Zeit, um die Funktionen unserer Funksensorik an Altmodulen zu entwickeln“, berichtet Ungan.
Nun, ein Jahr später, messen sie Strom, Spannung und Temperatur einzelner PV-Module sowie neuerdings auch die Sonneneinstrahlung. Betreiber können so analysieren, ob die Modulleistung unter die Garantiewerte sinkt oder Verschmutzung die Stromerzeugung bremst. Und dank Einzelmodulüberwachung und eigens entwickelter Algorithmen können sie Störungen in den schier endlosen PV-Feldern auf 0,5 m genau lokalisieren.
Funktionstests im realen Betrieb laufen. Perspektivisch will das Start-up seine Sensorik direkt in den Anschlussbuchsen der Module unterbringen. Strom gibt es dort reichlich. „Wir müssen keinen Elektrosmog recyceln“, stellt Ungan klar. Doch seine patentierte Lösung ist für autarke Inselsysteme ausgelegt und verbraucht dank Kombination niederfrequenter Datenermittlung und hochfrequenter Funktechnik 10 000-mal weniger Strom als herkömmliche Funksysteme.
Durch Auftragsfertigung in Fernost und Skaleneffekte hofft er, die Systeme künftig für mittlere einstellige Eurobeträge pro Modul anbieten zu können. „Der Charme unserer Lösung besteht darin, dass Betreiber dank der einfachen Systemarchitektur weltweit drahtlos PV-Kraftwerke der Multi-Megawattklasse Fernüberwachen können“, so Ungan. Die Sensoren werden je nach Bedarf im Minuten- bis Zehnminutentakt aktiviert, senden ihre Messdaten an Knotenpunkte, wo sie gesammelt und dann über ein Gateway ins Internet übertragen werden. Danach werden Sensoren und Funkeinheiten in Schlaf versetzt – bis zur nächsten Messung.
SmartExergy-Gründer wollen zeitnah in globale Vermarktung einsteigen
Wenn Funktions- und Lebensdauertests abgeschlossen sind, wollen die Gründer zügig in die globale Vermarktung einsteigen. „Ideal wäre es natürlich, wenn wir an den internationalen Vertrieb eines Partners andocken könnten“, sind sich Ungan und Steindl einig.
Auch den Einstieg eines strategischen Investors mit Branchen-Kow-how können sich beide vorstellen. „Noch sind wir aber nicht so weit“, stellt Ungan klar. Er will sichergehen, dass die Technik störungsfrei funktioniert, bevor SmartExergy in die Wachstumsphase eintritt. Geld verdient das Start-up derweil mit Auftragsentwicklung und Koordinierungsarbeiten im Spitzencluster Microtec Südwest. Gut möglich, dass die Gründer unter dessen 350 Mitgliedern aus Industrie und Forschung die gewünschten Partner finden.
Ein Beitrag von: