So kommen Mittelständler mit Start-ups in Kontakt
Immer mehr Hidden Champions des Maschinenbaus gehen Kooperationen mit Start-ups, Spin-offs und Jungunternehmern ein. Was diese Zusammenarbeit besonders fruchtbar macht und wie eine solche Verbindung zustande kommt, zeigte nun ein Start-up Summit in Berlin.
Jungunternehmen sprechen längst nicht mehr nur Konzerne an, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Derartige Kooperationen etablieren sich auch im mittelständisch geprägten Maschinen- und Anlagenbau. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen, sogenannten KMU mit bis zu 250 Mitarbeitern, ist die Start-up-Affinität sogar besonders hoch. 44% von ihnen hat bereits Kooperationserfahrungen mit jungen Unternehmen gemacht und viele weitere wollen ihr Engagement in diese Richtung in den kommenden Jahren ausbauen. Dieses Ergebnis der VDMA-Mitgliederbefragung kann nicht überraschen. Immerhin sind es gerade die etablierten Unternehmen mit festen Kundenstämmen und stabilen Produkten, die vom frischen Wind der Jungunternehmer profitieren.
KMU stehen Start-ups aufgeschlossen gegenüber
„Die etablierten Unternehmen des Maschinenbaus sind bereits sehr erfolgreich im Innovationsbereich, sie sind gut im Zuhören und kennen ihre Kunden“, berichtet Christoph Baier von Ambi-Vation. Das Unternehmen verstehe sich als Matchmaker, hilft Jungunternehmern und Unternehmensvertretern also dabei, sich kennenzulernen. Dass gerade KMU und Start-ups ein gutes Match abgeben, liegt für ihn auf der Hand: „Wenn es nämlich um radikalere Innovationen geht, tut sich der Mittelstand schwer.“ Sie kämen gemeinsam mit den klassischen Methoden der Innovation an ihre Grenzen.
Dass er damit den Nagel auf den Kopf treffen dürfte, zeigt ein weiteres Umfrageergebnis. Insbesondere Gründer, die sich mit den Themen Industrie 4.0, industrielles Internet der Dinge, Datenanalyse und künstliche Intelligenz beschäftigen, stoßen bei mittelständischen Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus auf offene Ohren. Denn das sind genau die Themen, mit denen sich auf absehbare Zeit jeder beschäftigen muss, für die aber nicht jeder Arbeitgeber die entsprechenden Fachkräfte an Board hat. Mit einer Kooperation lässt sich diese Lücke schließen.
VDMA möchte Matchmaking unterstützen
Die IT-Technologie bringt gerade einen großen Wandel in den Maschinen- und Anlagenbau. Viele Mittelständler zwingt sie zu externen Kooperationen, vielen Jungunternehmen öffnet sie die Tür in die bisher verschlossene Welt des mittelständischen Maschinen- und Anlagenbaus, der Hidden Champions und Nischen-Weltmarktführer. „Damit jetzt die richtigen Unternehmen zusammenfinden, kreieren wir aktuell ein Start-up-Radar. Dafür haben wir weltweit interessante Start-ups identifiziert, die Potenzial für den Maschinenbau haben. Auf Events sollen sich diese Gründerinnen und Gründer mit unseren kleinen und mittleren Unternehmen austauschen können“, so Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. Damit das zum Erfolg führt, werden die Veranstaltungen einen klaren Fokus haben, etwa auf Lösungen für die voraussscchauende Wartung von Maschinen und Anlagen, dem sogenannten predictive maintanance in der Automotiveindustrie konzentriert sein.
Die Mittelständler, die sich für eine Kooperation interessieren, haben vor allem einen großen Vorteil: „Die Start-ups in unserem Pool sind geprüft. Zum einen auf das inhaltliche Potenzial ihrer Geschäftsidee, zum anderen prüfen wir auch die Einstellung und das Geschäftsverhalten der Gründerinnen und Gründer“, erläutert Laura Dorfer, Projektmanagerin der VDMA Start-up Machine. Ohnehin entspreche der typische Gründer im Maschinen- und Anlagenbau nicht dem gängigen Klischee des hippen Jungunternehmens. Stattdessen hätten viele Jungunternehmer jahrelange Forschungserfahrung und viel Expertise, seien verlässliche Partner und wüssten, wie Business geht. Der Zusammenstoß verschiedener Mindsets aus etablierten und jungen Unternehmen sei daher kaum ein Thema, so Dorfer.
Kooperationsmodelle in der Übersicht
Kooperationen zwischen Unternehmen und Start-ups können dabei sehr unterschiedlich aussehen. Sie unterscheiden sich maßgeblich anhand der Dauer der Zusammenarbeit, dem Maß an Einfluss, den das Unternehmen auf das Start-up ausüben kann sowie dem Einsatz von Kapital, den das Unternehmen aufbringen muss. Die häufigsten Kooperationsmodelle sind:
- projektbezogene Kooperation: kurzfristige Zusammenarbeit zwischen dem jungen und dem etablierten Unternehmen für die Dauer eines Projekts.
- Kunden-Lieferanten-Beziehung: partielle Zusammenarbeit für einen bestimmten Prozess oder ein bestimmtes Produkt.
- Beteiligungen: kapitalgetriebene Zusammenarbeit, die mit mehr (Mehrheitsbeteiligung) oder weniger (Minderheitsbeteiligung) Mitspracherecht einhergehen kann.
- Joint Venture: langfristige Zusammenarbeit durch das Zusammenlegen von personellen wie finanziellen Ressourcen.
MyDigitalMachine hat Ramp-up-Prozess im Blick
Wohin es für MyDigitalMachine mal gehen wird, kann man heute noch nicht sagen. In Berlin machte das Stuttgarter Jungunternehmen allerdings schonmal auf sich aufmerksam. Beim ersten Start-up Summit für den industriellen Mittelstand, den Fraunhofer Venture gemeinsam mit VDMA Startup-Machine organisierte, gewannen die Schwaben den Innovationswettbewerb und präsentierten ganz nebenbei ihr eigenes Produkt.
Mit MyDigitalMachine möchte das Team um Fabian Böttinger die Anlaufphase von Maschinen und Anlagen, den sogenannten Ramp-up-Prozess verbessern. Denn der ist in den meisten Unternehmen noch immer fehlerintensiv und kostspielig. Mithilfe von 3D-Modellen der Anlage soll sich das ändern. In den Modellen ist der ideale Aufbau anhand von Referenzläufen oder bereits bestehender Anlagen festgehalten. Während der Inbetriebnahme, bzw. des Hochlaufs der Anlage zeigt das Modell direkt an, wo es Abweichungen zum Ideal gibt und wie der Fehler behoben werden kann. Die Software beinhaltet auch einen Messenger, mit dem sich die Mitarbeiter untereinander über Fehlerbehebungen und Störungsmeldungen austauschen können. So lassen sich Informationen schichtübergreifend weitergeben.
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