VW Osnabrück stellt neue Mannschaft zusammen
Deutlich mehr als 1000 Beschäftigte, darunter „mehrere Hundert“ Ingenieure, erwartet der niedersächsische IG-Metall-Vorsitzende Hartmut Meine für das frühere Karmann-Werk Osnabrück, das von VW gekauft wurde. Das Werk könnte ein kompletter Standort mit Karosseriebau, Lackiererei, Montage, Konstruktion und Entwicklung werden.
VDI nachrichten: Bei Karmann in Osnabrück ist Volkswagen eingestiegen. Wie geht es jetzt weiter?
Meine: Aktuell sind bei der Volkswagen Osnabrück GmbH rund 300 Arbeitnehmer beschäftigt. Sie bereiten die Produktion des neuen Golf Cabrios vor, das ab März 2011 vom Band laufen soll. Ende des Jahres werden schrittweise weitere Menschen dafür eingestellt. Wir rechnen damit, dass in der Endstufe deutlich mehr als 1000 Beschäftigte bei Volkswagen Osnabrück arbeiten werden. Durch das Engagement von Volkswagen bleibt der Automobilstandort Osnabrück erhalten.
Wie viele davon werden Ingenieure sein?
Mehrere Hundert, genaue Zahlen liegen noch nicht vor. Die werden nicht nur in der Produktion eingesetzt, sondern auch in der Entwicklung. Volkswagen Osnabrück könnte ein kompletter Standort mit Karosseriebau, Lackiererei, Montage, Konstruktion und Entwicklung werden. Das Werk könnte sich auf die Fertigung kleiner Serien spezialisieren.
Wovon hängt es ab, dass die anvisierte Zahl von gut 1000 Beschäftigten auch erreicht wird?
Diese Zielmarke wurde zwischen IG Metall und Volkswagen vereinbart. Es wurde auch vereinbart, dass vorrangig Beschäftigte aus der Region Osnabrück eingestellt werden sollen. Die IG Metall hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass Volkswagen Osnabrück weiterhin junge Menschen ausbilden wird. Derzeit können rund 100 Auszubildende ihre Ausbildung, die sie bei Karmann begonnen haben, fortsetzen.
Müssen sich die früheren Karmann-Mitarbeiter neu bewerben?
Diejenigen, die bei Karmann in der Produktion gearbeitet haben, sind seit über einem Jahr arbeitslos. Ende dieses und Anfang nächsten Jahres wird VW Osnabrück mit Anzeigen Beschäftigte suchen, da können sich alle bewerben: ehemalige Karmann-Beschäftigte, aber auch andere. VW wäre gut beraten Leute einzustellen, die Kompetenz im Automobilbau haben.
Gibt es Assessment-Center?
Die gibt es, auch für Bandarbeiter, wenn auch nicht so umfangreich wie für Führungskräfte. Die IG Metall will bei VW darauf dringen, nicht nur junge Leute einzustellen, sondern auch ältere. Daher appellieren wir an VW, bei der Einstellungspolitik eine kluge Altersmischung zu suchen: junge Leute und solche mit Erfahrung. Solche gemischten Teams haben große Vorteile.
Muss dann die Produktion nicht anders organisiert werden als in den übrigen VW-Werken?
Nein, VW hat grundsätzlich eine gute Altersmischung. In bestimmten Crash-Situationen sind Ältere mit Erfahrung gefragt, die abgewogen handeln können. VW wäre gut beraten, keine starre Altersgrenze zu ziehen.
Gilt am Standort Osnabrück auch der Haus-Tarifvertrag von Volkswagen?
VW Osnabrück ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes der niedersächsischen Metallindustrie, deshalb wird der Flächentarifvertrag angewendet. In der Aufbauphase gibt es einen Überleitungstarifvertrag, der die Neueinstellungen regelt. Die IG Metall hat von Beginn an auf eine gute Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung Wert gelegt. Wir gehen davon aus, dass es dort eine Unternehmenskultur geben wird wie an den anderen VW-Standorten auch. Derzeit arbeitet in Osnabrück ein provisorisch eingesetzter Betriebsrat, der aus ehemaligen Arbeitnehmervertretern von Karmann besteht. Am 5. Oktober wird dann der ordentliche Betriebsrat gewählt.
Bleibt die Cabrio-Dachfertigung in Osnabrück?
Aktuell arbeiten rund 300 Beschäftigte in der Dachfertigung. Volkswagen hat signalisiert, es habe an der Dachfertigung kein Interesse. Der Autozulieferer Magna beabsichtigt, diese Sparte zu kaufen, allerdings stellt sich das Kartellamt quer. Alle deutschen Autohersteller haben dem Kartellamt erklärt, dass sie mit einer Übernahme durch Magna keine Probleme hätten. Das Kartellamt hat die Übernahme abgelehnt, was ich für völlig unverantwortlich halte. So gibt es momentan einen Schwebezustand. Wir hoffen aber auf eine Erlaubnis durch den Bundeswirtschaftsminister, die den Bescheid des Kartellamtes aufhebt. Bleibt diese Erlaubnis aus, müsste ein neuer Investor gefunden werden oder die Dachfertigung würde vom Insolvenzverwalter geschlossen werden müssen. Dann würden 300 Arbeitsplätze verschwinden.
Wie lauten die Einwände des Kartellamtes?
Es gebe dann in Deutschland nur noch zwei Cabrio-Dachhersteller: die Webasto-Edscha-Gruppe und Magna. Wir halten das nicht für eine schlüssige Begründung. Wenn Magna nicht zum Zuge kommt und sich kein anderer Investor findet, sind die Arbeitsplätze weg und an der Wettbewerbssituation hätte sich nichts geändert, es gäbe auch dann nur noch zwei Anbieter. Diese beiden könnten die Autohersteller nicht unter Druck setzen, indem sie mit Absprachen höhere Preise durchdrücken, weil es in der EU noch weitere Hersteller von Cabrio-Dächern gibt. HARTMUT STEIGER
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