Wahl-O-Mat: Diese Alternativen können Sie jetzt noch ausprobieren
Der Wahl-O-Mat geht auch zur Bundestagswahl 2021 online. Doch das Tool wird immer wieder kritisiert. Wer Entscheidungshilfe braucht, sollte sich auch Alternativen anschauen.
Der Wahl-O-Mat ist für viele Menschen schon eine Art Ritual vor jeder Wahl geworden. 2002 ist das Entscheidungshilfe-Tool anlässlich der damaligen Bundestagswahl an den Start gegangen. Seitdem gab es mehr als 40 Versionen zu diversen Landtags-, Europa- und Bundestagswahlen, über 82 Millionen Mal wurde der Wahl-O-Mat seither genutzt.
Ab dem 2. September ist der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2021 online. Am Grundprinzip des Frage-Antwort-Programms gab es immer wieder auch Kritik, im Lauf der Jahre wurde permanent nachgebessert. Inzwischen gibt es einige Alternativen zum Wahl-O-Mat, von denen einige schon jetzt online sind.
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wann ist die Bundestagswahl 2021?
Die Bundestagswahl findet am Sonntag, 26. September 2021 statt. Tools zur Wahlentscheidungshilfe gehen aber schon deutlich früher online, manche sind bereits jetzt startklar.
Wann erscheint der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2021?
Der Wahl-O-Mat ist ab dem 2. September 2021 online. Hier geht es zum Wahl-O-Mat
Wie funktioniert der Wahl-O-Mat?
Der Wahl-O-Mat ist ein internetbasiertes Frage-und-Antwort-Tool. Als Nutzer klickt man sich durch eine Anzahl von Thesen, die man mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“, „neutral“ oder „These überspringen“ markieren kann. Das Ziel: Die Bewertung der Thesen gleicht der Wahl-O-Mat mit den autorisierten Aussagen der zur Wahl zugelassenen Parteien ab und errechnet, welcher Partei die eigene politischen Position am nächsten steht. Betrieben wird der Wahl-O-Mat von der Bundeszentrale für politische Bildung.
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Wer wählt die Thesen zur Bundestagswahl aus?
Als Grundlage für die Thesen im Wahl-O-Mat nutzen die Betreiber die jeweiligen Partei- und Wahlprogramme der Parteien und deren programmatische Aussagen zur Wahl.
Ein Team aus unterschiedlichen Gruppen wählt dann die Thesen aus:
- Eine Jugendredaktion aus Jung- und Erstwählerinnen und -wählern
- Eine Gruppe aus Politikwissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern, Statistikern und Pädagoginnen und Pädagogen
- Expertinnen und Experten zu verschiedenen Themenbereichen
- Verantwortliche der Bundeszentrale für politische Bildung
Warum gibt es Kritik am Wahl-O-Mat?
Im Laufe der Jahre sorgte das Instrument immer wieder für Kontroversen:
- Vor den Bundestagswahlen 2005 wurde kritisiert, dass manche der Abfragen nicht mit den offiziellen Aussagen der jeweiligen Wahlprogramme mancher Parteien übereinstimmen
- Unter anderem die CDU und SPD bemängelten 2006, dass die Fragestellungen „nicht professionell ausgearbeitet“ seien. Beide Parteien lehnten eine Zusammenarbeit mit den Betreibern des Wahl-O-Maten zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2006, 2011 und 2016 ab.
- In den ersten Jahren berücksichtigte der Wahl-O-Mat nur größere Parteien. Erst 2008 wurde das durch eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts München untersagt.
- Auch später fühlten sich kleinere Parteien benachteiligt. Denn in der Vergleichsphase am Ende des Fragebogens waren immer nur acht Parteien auswählbar – damit sank die Wahrscheinlichkeit, dass Nutzer sehr kleine Parteien überhaupt in ihrer Auswahl berücksichtigen. Ein durchaus kritischer Punkt angesichts der Tatsache, dass der Wahl-O-Mat ein durchaus sehr breit genutztes Instrument der Entscheidungsfindung vor Wahlen ist.
- Kritikern ist der Algorithmus hinter dem Wahl-O-Mat zu binär. Gerade bei komplexen Sachverhalten seien drei Antwortmöglichkeiten nicht aussagekräftig.
- Weil das Thesengerüst auf Grundlage der Wahlprogramme aufgebaut ist, werden Themen in den Fokus gerückt, die für Parteien wichtig sind, aber nicht unbedingt für den Wähler.
Diese Wahl-O-Mat-Alternativen gibt es
Grundsätzlich lässt sich sagen: Der Wahl-O-Mat kann Wählern Hinweise geben, welches Parteiprogramm zur eigenen Position passen könnte und ist ein gutes Instrument der politischen Bildung. Doch sollte man sich nicht allein auf den Wahl-O-Mat allein verlassen. Ein sinnvoller Weg kann die Kombination mit weiteren Frage-Antwort-Tools sein. Hier einige Beispiele:
Der Wahlswiper:
Der Wahlswiper wurde erstmals zur Bundestagswahl 2017 angeboten. Das Design und die Nutzeroberfläche erinnern an die Dating-App Tinder: So swipen Nutzer Thesen nach links oder rechts, je nachdem, ob sie zustimmen oder nicht. „Mit dem Wahlswiper wollten wir ein Angebot schaffen, dass sich an die Nutzungsgewohnheiten im Internet richtet und politische Information mit einem spielerischen Ansatz verknüpft und gleichzeitig aufklärt“, sagt Projektleiter Matthias Bannert gegenüber ingenieur.de. „Bisherige Angebote waren uns da zu statisch und zu wenig wissensvermittelnd“. Alle antretenden Parteien würden gleichberechtigt behandelt, es gebe keine Vorauswahl.
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Die Hauptunterschiede zum Wahl-O-Mat: "Zu den Fragen bieten wir kleine Erklärvideos oder -texte an, wir lassen die Nutzer mit der Frage also nicht allein", so Bannert. Außerdem müssen die Parteien mit "Ja" oder "Nein" eine klare Position beziehen, ein "Neutral" gibt es nicht. Den Wahlswiper gibt es darüber hinaus neben Deutsch in sechs weiteren Sprachen. "Außerdem werden wir nicht aus dem Staatshaushalt, sondern über Spenden von Bürgern für Bürger finanziert."
Die Thesen entwickelt das Team zusammen mit Politikwissenschaftlern der Universität Freiburg um Uwe Wagschal. "Uns ist es wichtig, dass die Fragenauswahl sich nur von einer Jugendredaktion gemacht wird, sondern für Menschen jeglichen Alters oder Hintergrund relevant ist", sagt Bannert. Grundsätzlich gebe es der der Förderung von Demokratie, politischer Bildung und Wahlbeteiligung aber kein Konkurrenzdenken etwa gegenüber dem Wahl-O-Mat. "Ohnehin bietet es sich an, sich anhand mehrerer Quellen eine Meinung zu bilden. Deswegen verlinken wir auch immer die Parteipogramme zur tiefergehenden Lektüre."
Der Sozial-O-Mat:
Der Sozial-O-Mat ist ein Angebot der Diakonie und richtet seinen Fokus auf soziale Fragen. Diese Wahl-O-Mat-Alternative ist jetzt bereits online.
Das Tool soll zeigen, "welchen Stellenwert zentrale Fragen der Sozialpolitik und des gesellschaftlichen Miteinanders in einer kommenden Regierung und im Parlament haben werden", so Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.
Zur Bundestagswahl wurden die sechs großen Bundestagsparteien CDU/CSU, SPD, Die Grünen, Die Linke, FDP und die AfD zu ihren Positionen gegenüber sozialpolitischen Themen befragt. Ähnlich wie beim Wahl-O-Mat klicken sich die Nutzer durch eine Anzahl von Thesen, die sie mit "stimme zu", "stimme nicht zu" oder "neutral" markieren können. Anschließend errechnet das Tool, mit welchem Wahlprogramm beziehungsweise Parteiprogramm die eigene Position am ehesten übereinstimmt.
Die Diakonie hat sich bei den Thesen nach eigener Aussage auf die Themen Arbeit, Gesundheit, Familie und Kinder und Migration fokussiert. Diese Themen würden am meisten diskutiert und seien die Kernthemen der Diakonie.
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Die Bundestagswahl ist zwar erst am 26. September, aber der Sozial-O-Mat ist schon jetzt online.
Der Steuer-O-Mat:
Diese Alternative zum Wahl-O-Mat wird vom Dienstleister Smartsteuer betrieben. Das Tool zeigt Nutzern, welche Folgen die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien für das jeweilige persönliche Einkommen hätten. "Mit dem Steuer-O-Mat erfahren Sie blitzschnell, wie sich die Steuerpläne der Parteien zur Bundestagswahl 2017 bei Ihnen ganz persönlich auf dem Konto niederschlagen würden. Es braucht nur Ihr Bruttoeinkommen, ob Sie verheiratet sind und wie viele Kinder Sie haben – und sofort gibt der Steuer-O-Mat die Antwort", heißt es auf der Internetseite.
Dein Wal:
Das Tool DeinWal verfolgt einen sehr anderen Ansatz als der Wahl-O-Mat. Hier ist die Grundlage für die Thesen, durch die sich der Nutzer klicken muss, nicht das Wahlprogramm der Parteien; vielmehr geht es darum, wie die Parteien in der Vergangenheit tatsächlich agiert und abgestimmt haben.
Parteivergleich.eu:
Auch das Portal Parteivergleich.eu funktioniert anders als der Wahl-O-Mat. Die Idee: Es werden keine Fragen einer Redaktion formuliert, sondern die Parteien reichen eigene Thesen ein, anhand derer die Fragen entwickelt werden. So sollen die Themen aller Parteien gleich stark berücksichtigt werden. "Zwar haben die meisten Parteien mitgemacht, aber leider nicht alle", sagt Michael Schultz, der das Tool mitentwickelt hat. "Bei solchen Parteien schauen wir, ob sich typische Thesen auch aus allgemein zugänglichen Quellen entnehmen lassen." Diese Quellen können zum Beispiel Wahlplakate, Wahlprogramme, Parteiwebseiten oder Äußerungen in Interviews sein.
"Bei fehlenden Antworten lässt sich ähnlich vorgehen, allerdings nur bei Parteien, bei denen die Daten dazu ausreichend vorhanden sind." Das sei beim Parteivergleich zur Bundestagswahl 2021 bei zwei nicht antwortenden Parteien der Fall gewesen: bei CDU und CSU. Bei anderen Parteien, die nicht mitgemacht haben, darunter die Gartenpartei, die Basis, Team Todenhöfer, Volt, reichten die allgemein zugänglichen Quellen nicht aus, so Schultz: "Deshalb sind sie auch nicht im Parteivergleich.eu zur Bundestagswahl."
Authentizität scheint einen besonders hohen Stellenwert zu haben, was zu einem besonderen Phänomen führt: Da bei den Kommentaren die eingereichten Originalaussagen der Parteien-Vertreter stehen, sind dort auch unterschiedliche Schreibweisen und Schreibstile zu finden, erklärt Schultz: "So findet man je nach Partei alte und neue Rechtschreibung, aber auch durchgängig benutzte Kleinschreibung. Ebenso haben die Parteien verschiedene Arten von Genderschreibweisen."
Wahl-O-Mat mit Musik:
Nicht allzu ernst nehmen sollte man den Musik-O-Mat, den Streamingdienst Deezer online gestellt hat. Mit dem Tool wird der persönliche Musikgeschmack abgefragt, am Ende zeigt der Musik-O-Mat dem Nutzer, welche Partei am besten dazu passt. Bei einer echten Wahlentscheidung hilft das nicht - macht aber trotzdem Spaß.
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