Wie additive Fertigung neue Arbeitsplätze schafft
Der 3D-Druck fasziniert uns nicht nur aus technischer Sicht, die Technologie ist auch dabei, einen ganz neuen Fertigungszweig zu schaffen. Dafür werden qualifizierte Arbeitskräfte benötigt.
Die additive Fertigung, oder umgangssprachlich auch 3D-Druck genannt, haben nicht nur die Berichterstattung über technische Entwicklungen und neuestes Know-how fest im Griff, sie verändert auch die Arbeitswelt von Ingenieuren, Technikern und Meistern. Viele produzierende Unternehmen sind dabei, ihre Beschäftigten im Umgang mit der neuen Technologie zu schulen. Denn die dafür benötigte Digitalkompetenz ist nicht immer in ausreichendem Maß vorhanden. Das zumindest war der Tenor der Branchenkenner und betroffenen Unternehmer, die sich kürzlich auf der VDI-Fachkonferenz „Additive Manufacturing“ über diese noch junge Entwicklung austauschten.
Veränderungen durch 3D-Druck selbst gestalten
Individuelle Kundenwünsche und kostengünstige Prototypen sind durch die Möglichkeiten der additiven Fertigung für viele Unternehmen und Jungunternehmer erschwinglich geworden. Wo bisher aufwendige Konstruktions- und Entwicklungsprozesse Raum und Zeit einnahmen, können Fachkräfte ihr Produkt heute per Simulation erstellen, anpassen und mit beliebigen Materialien per Knopfdruck ausdrucken. In den kommenden Jahren bescheinigt das Marktforschungsunternehmen IDC dem Marktsegment des 3D-Drucks einen deutlichen Umsatzanstieg. Bis zum Jahr 2020 werde der Umsatz bei der additiven Fertigung auf 35,4 Milliarden US-Dollar ansteigen – eine Verfünffachung gegenüber dem Jahr 2016.
Damit auch deutsche Unternehmen an dieser Entwicklung teilhaben und davon keine Gefahr für bisherige Arbeitsplätze insbesondere in den Fachbereichen Entwicklung, Herstellung und Vertrieb ausgeht, müssen sich Unternehmen allerdings auf die Besonderheiten der additiven Fertigung einstellen. „Noch haben wir es in der Hand, die Veränderungen durch additive Fertigungsverfahren zu gestalten“, sagt Dieter Westerkamp, Bereichsleiter Technik und Wissenschaft im Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Wenn die Unternehmen klug investieren, könne die additive Fertigung zum Jobmotor für Deutschland werden.
Qualifikation als oberstes Gebot
Klaus-Müller Lohmeier, Global R&D Services and Excellence beim Automatisierungsspezialisten Festo, warnt allerdings vor noch bestehenden Hindernissen. So gebe es noch Nachholbedarf bei der Qualifizierung der Mitarbeiter, die sich noch lange nicht flächendeckend mit den Besonderheiten des 3D-Drucks auskennen. Selbst frischgebackene Ingenieure kommen in ihrem Studium noch nicht zwangsläufig in Kontakt mit der additiven Fertigung.
Das aber wird sich ändern. Gerd Witt, Professor für Fertigungstechnik an der Universität Duisburg-Essen, fordert den Aufbau einer breiten Wissensbasis rund um additive Fertigung, der unter anderem in den Hochschulen betrieben werden müsse. Denn: „Digitalkompetenz ist im digitalen Zeitalter die Grundvoraussetzung zur Sicherung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit.“
Doch auch Unternehmen sind gefragt, ihre Mitarbeiter zu qualifizieren und fortzubilden, sodass sie auf dem neuesten Stand der Technik bleiben. Der VDI trägt seinen Teil zur geforderten Bildungs- und Qualifizierungsoffensive bei und bietet seit neuestem den Zertifikatslehrgang „Fachingenieur Additive Fertigung VDI“ an. Dort werden sämtliche Materialien und Fertigungsarten des 3D-Drucks gelehrt, den Teilnehmern werden aber auch praktische Tipps mit auf den Weg gegeben, wie sie die Implementierung der additiven Fertigung im eigenen Unternehmen erfolgreich gestalten können.
Noch hat der Jobmotor 3D-Druck Sand im Getriebe
Denn einige organisatorische Prozesse in Unternehmen können einer erfolgreichen Implementierung des Verfahrens durchaus im Wege stehen: „Im Entstehungsprozess von Produktneuheiten mittels 3D-Druck ist ein frühestmögliches interdisziplinäres Zusammenwirken von Design und Fertigung notwendig“, verdeutlicht Lohmeier. Nur wenn beide Disziplinen Hand in Hand gehen, können „einerseits die neuen gestalterischen Optionen wirklich ausgeschöpft und gleichzeitig die fertigungsbedingten Restriktionen, die es auch beim 3D-Druck gibt, hinreichend berücksichtigt“ werden, so Lohmeier. Bis sich das additive Verfahren im großen Stil durchsetzen kann, gibt es also noch einige Hausaufgaben.
Was mit additiver Fertigung heute alles möglich ist
Was das Druckverfahren in Scheibchenbauweise schon heute alles kann, haben wir hier noch einmal in Kurzform zusammengetragen. Angefangen hatte unsere Berichterstattung mit einigen Kuriositäten, wie essbarem Fleisch auf dem 3D-Drucker oder der chinesischen Implantation eines Wirbelkörpers aus dem 3D-Drucker. Neben der Nahrungsmittelindustrie und der Medizin, wird die additive Fertigung mittlerweile aber in sehr viel mehr Bereichen eingesetzt – auch abseits der Prototypenerstellung, wie die Hannover Messe 2017 zeigte.
In der Entwicklung wird der 3D-Druck gerne für Machbarkeitsstudien genutzt, etwa wenn Michelin Reifen ohne Luft testen möchte und MIT-Forscher fahrende 3D-Drucker für den Hausbau auf dem Mars vorstellen. Darüber hinaus fahren neueste Produktionsverfahren wirtschaftliche Erfolge ein, so spart Boeing 3 Millionen US-Dollar durch die Fertigung bestimmter Bauteile mittels Druckverfahren. Und die technischen Fortschritte sind noch längst nicht am Ende: Im April 2017 meldeten Forscher des Karlsruher Instituts für Technik, dass sie Miniaturgegenstände aus Glas in einer bisher nicht dagewesenen Präzision gedruckt haben.
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