Geld 27.09.2024, 11:57 Uhr

Zukunft der Rente: Was die Bundesregierung plant, um Altersarmut zu bekämpfen

Die Ampel-Koalition bringt ihr umfassendes Rentenpaket auf den Weg, das die Finanzen von Millionen Rentnern und Erwerbstätigen betrifft. Der Arbeitsminister warnt, dass die Ruheständler ohne Reform bald benachteiligt wären.

Rente

Steigende Rentenausgaben: Wie Deutschland die finanzielle Stabilität sichern will.

Foto: PantherMedia / AndrewLozovyi

Nach Ansicht der Bundesregierung würde das Rentenniveau aufgrund der aktuellen Rentenanpassungsformel demografiebedingt nach 2025 schrittweise deutlich sinken, was zu einem niedrigeren Alterseinkommen für die heutigen und künftigen Rentnergenerationen führen würde. Zudem seien die Auswirkungen des demografischen Wandels zu berücksichtigen, da der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge aus den 1960er-Jahren eine Herausforderung für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung darstelle.

Um sicherzustellen, dass das Niveau der gesetzlichen Rente bis 2039 nicht unter 48 % des Durchschnittslohns fällt und um zusätzlich eine Aktienrente einführen zu können, hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf „zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Generationenkapitals für die gesetzliche Rentenversicherung“ (Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz, 20/11898, 20/12611) vorgelegt.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, man werde dies verhindern, indem man sicherstelle, dass das Rentenniveau dauerhaft für alle Generationen stabil bleibe. „Ziel ist es daher, die gesetzliche Rente als tragende Säule der Alterssicherung langfristig im Hinblick auf das Rentenniveau stabil und im Hinblick auf die Ausgabenentwicklung finanzierbar zu halten und dafür zu sorgen, dass die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin auch für zukünftige Generationen verlässlich bleibt“, heißt es im Entwurf.

Um die finanzielle Stabilität des Rentensystems weiter zu sichern, plant die Regierung die Gründung einer Stiftung namens „Generationenkapital“. Dies würde den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung darstellen. Laut der Regierung sollen die Erträge aus dem Generationenkapital langfristig dazu dienen, Gelder für die gesetzliche Rentenversicherung zu generieren und deren Finanzierungsbasis zu erweitern.

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Babyboomer gehen in den Ruhestand

Heil erklärte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, dass die Rentnerinnen und Rentner ohne Reform und ein stabiles Rentenniveau im Vergleich zu den Beschäftigten „ärmer werden“ würden. Die Opposition lehnt die aktuellen Pläne vollständig ab. Johannes Vogel, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, äußerte in einem Interview, dass er die Reform für zu teuer halte.

Heil setzt sich nun angesichts des steigenden Drucks für seine Reform ein. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer treten nun in den Ruhestand, was die Rentenkasse zusätzlich unter Druck setzt. „Das ist wichtig nicht für die Koalition, sondern für die Menschen in Deutschland, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Rentnerinnen und Rentner von heute und die von morgen“, zitiert die dpa Worte des Ministers. Heil betonte, dass er die Reform durchsetzen wolle, um sicherzustellen, dass die Rentenerhöhungen auch in Zukunft den Lohnerhöhungen folgen.

Die Renten in Deutschland sind zuletzt am 1. Juli um 4,57 % gestiegen, was erstmals seit Jahren über der Inflationsrate liegt. Eine Monatsrente von 1500 Euro erhöhte sich um 68,55 Euro. Auch in den beiden Vorjahren gab es Rentenerhöhungen von über 4 % , nachdem die Bezüge wegen der Corona-Krise stagniert hatten. Für die kommenden Jahre werden weitere Rentenerhöhungen erwartet; laut dem neuesten Rentenversicherungsbericht sollen die Bezüge bis 2037 um 43 % steigen. Heil erklärte jedoch, dass die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner ab 2027 sinken würde, wenn das Rentenniveau nicht stabilisiert werde.

Viele Diskussionen rund um die Reform

Heil sagte, dass er sich von der Reform einen Beitrag zur Leistungsgerechtigkeit und gesellschaftlichen Stabilität verspreche. Er betonte, dass nicht nur die 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner von heute betroffen seien, sondern auch die 35 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land. Diese hätten nach einem Leben voller Arbeit eine angemessene Rente verdient. Heil fügte hinzu, dass man mit diesem Thema nicht spielen könne.

Obwohl Heil die Pläne zusammen mit Lindner vorgestellt hatte, äußert die FDP-Fraktion nun Widerstand. Vogel führt an, das Rentenpaket lasse „die Beiträge für die arbeitende Mitte immer weiter steigen“.

SPD-Chef Lars Klingbeil warnte die FDP vor einer Blockade. „Das, was wir verabredet haben, das muss kommen“, sagte Klingbeil der dpa. Er äußerte zudem, dass er nicht ganz nachvollziehen könne, warum sich die FDP-Fraktion jetzt gegen ihren eigenen Parteivorsitzenden auflehnt. Das Ampelbündnis, das in Geldfragen häufig uneinig ist, dürfte angesichts der großen anfallenden Lasten viel Streitpotenzial für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf bieten.

Der aktuelle Beitragssatz beträgt 18,6 % des Einkommens. Ohne Reform wird er voraussichtlich bis 2030 auf 20,2 % und bis 2040 auf 21,3 % ansteigen. Das Rentenniveau hingegen soll bei 48 % gesichert werden, sodass die Renten im Verhältnis zu den Löhnen im Land weiterhin steigen. Eine alleinige Sicherung des Rentenniveaus würde laut Gesetz den Beitragssatz bis 2040 sogar auf 22,6 % erhöhen.
Hier wird der von der FDP durchgesetzte Teil des Gesetzes deutlich: das Generationenkapital.

„Zäsur in der deutschen Rentenpolitik“

Lindner bezeichnet dies als eine „Zäsur in der deutschen Rentenpolitik“, da nun auch in Wertpapiere innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung investiert werden soll. Die Regierung plant, dafür Schulden aufzunehmen, die jedoch nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Zunächst sollen 12 Milliarden Euro in den Kapitalstock fließen, und in den kommenden Jahren wird jeweils etwas mehr erwartet, auch aus den Vermögenswerten des Bundes. Bis Mitte der 2030er Jahre soll das Anlagevolumen auf mindestens 200 Milliarden Euro anwachsen. Ab 2036 sollen jährlich im Durchschnitt zehn Milliarden Euro an die Rentenkasse ausgeschüttet werden. Mit den Zinsen aus dem Kapitalstock soll der Beitragssatz bis 2040 auf 22,3 % gesenkt werden. Ein Beitragssatzpunkt bringt der Rentenkasse heute etwa 18 Milliarden Euro pro Jahr.

Doch reicht das Geld aus, um die steigenden Belastungen für die Rentenkasse zu decken? Die Rentenausgaben könnten bis 2045 ohne Reform von 372 auf 755 Milliarden Euro und mit Reform sogar auf 802 Milliarden Euro ansteigen. Gleichzeitig steht Deutschland momentan am Rande einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale und sieht sich großen Veränderungen, etwa durch die Digitalisierung, gegenüber. „Gerade, weil wir in stürmischen Zeiten leben, in Zeiten großer Veränderungen, ist es wichtig, der Gesellschaft Sicherheit zu geben“, sagte Heil. „Und das betrifft auch die gesetzliche Rente: Dass sich Arbeit lohnt, dass sich Lebensleistung lohnt, dass man im Alter, wenn man hart gearbeitet hat, anständige Rentenanwartschaften hat.“ (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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